— Zum Tag der Deutschen Einheit
In Deutschland wird der Tag der Einheit wieder gefeiert. Die Berliner Mauer, die friedliche Revolution der Ostdeutschen und die deutsche Wiedervereinigung habe ich miterlebt, wie eine Ostdeutsche in Westdeutschland. Denn mein Herkunftsland China gehörte wie die DDR zum sozialistischen Machtgebiet. So stand die SED-Führung zum KP-Regime, als es wegen seines Massakers in Peking vom Westen verurteilt wurde.
Nachdem die internationalen Kommunisten mit Propaganda, Spionen und Waffen die mit Wahl legitimierte Regierung unter Chiang Kai-shek auf die Insel Taiwan vertrieben, wurde die Bildungsschicht in China ermordet, enteignet und marginalisiert. Seitdem gibt es in China nur die Geschichtsverfälschung und systematische Desinformation der Kommunisten. Beispielsweise lernte ich in der Schule, dass wir der Kommunistischen Partei ein glückliches Leben zu verdanken hätten, während zwei Drittel der Weltbevölkerung unter Hunger und Kälte leiden würden. Die systematische Desinformation in der VR China ist nicht leicht zu erkennen, weil das KP-Regime seit seiner Machtergreifung alle anderen Informationsquellen verboten hat.
Bevor ich Ende 1988 zum ersten Weihnachtsfest über Ostberlin nach Ratingen eilte, lebte ich in Leshan, wo der weltgrößte Zukunftsbuddha aus Felsen seit 803 sitzt. Als Reiseführerin begleitete ich gerne die westeuropäischen Touristen zum 71 Meter „Großen Buddha von Leshan“ und einem der vier buddhistischen heiligen Berge Emei Shan. Nach dem Tod von Mao (1976) konnte die KP Chinas die Religiosität der Bevölkerung nicht mehr unterdrücken. So machte das KP-Regime aus den Glaubensstätten Geschäfte. Alle Nonnen und Mönche müssen der KP Chinas gehorchen, die jede Religion entkernt und nur die Form zulässt.
Auch mein Job wurde damals verordnet, nachdem ich vier Jahre an einer Fremdsprachenhochschule Deutsch als Hauptfach studiert hatte. Ich bekam ein Dienstapartment in einem Dreisterne-Hotel und hatte Freude am Job, wie ein glückliches Schwein à la George Orwell.
Dank der Fremdsprache und der Reiseführung konnte ich Westeuropäer kennenlernen, die mir das Leben in der Freiheit ermöglicht, erleichtert und bereichert haben. Ohne ihre Hilfe hätte ich kein Visum zum Studium in Düsseldorf beantragen und erhalten können, um meinen Wissensdurst zu stillen.
Als mein Germanistikstudium in Düsseldorf begann, hatte ich meine erste Sorge in Deutschland: Ich musste mich selbst versorgen. Die Mensa bat nur ein Mittagessen an, und ich hatte mich in China an drei warme Malzeiten gewöhnt, um die ich mich nicht zu kümmern brauchte. Ich musste nur zum Essen erscheinen. In einem deutschen Studentenwohnheim begann ich, chinesisch zu kochen. Einfachheitshalber lernte ich auch das preiswerte Vollkornbrot ohne Konservierungsstoffe zu essen.
Der erste Preis, den ich für die Informationsfreiheit in Deutschland zu bezahlen hatte, war die chinesische Küche und der bequeme Alltag. Nach meiner Promotion 1996 habe ich zweimal versucht, als Hochschullehrerin in China zu arbeiten und musste feststellen, dass ich beim besten Willen nicht mehr in den Gedankenkäfig des KP-Regimes zurückkehren kann. Mir ist die Gedankenfreiheit wichtiger als die Privilegien unter der KP-Diktatur, die in der DDR wie in der VR China nur mit Selbstzensur zu erreichen sind.
Als ich 2003 einen deutschen Pass beantragte, hatte ich Deutschland als Auslandsstudent und Außenseiter kennengelernt. Erst als ich eingebürgert wurde und Gebrauch von meinem Wahlrecht machen wollte, lernte ich Deutschland tiefer kennen. Aus meinen Alltagssorgen in Deutschland wurden Sorgen um Deutschland.
Wie das SED-Regime missbraucht auch die KP Chinas die offene Gesellschaft und unterwandert Deutschland auf allen Ebenen. Seit 2006 nimmt die Zahl deutscher Universitäten zu, die Auslandspropaganda-Zentren der KP Chinas gestatten. Und kein einziger der 12 deutschen Rektoren, die ich angeschrieben habe, ist daran interessiert, dass die KP Chinas im Namen des Konfuzius ihre Ideologie über die Sprach- und Kulturvermittlung weltweit verbreitet.
Siebzig Jahre nach dem Sieg über die Faschisten wurden in Moskau und Peking die faschistischen Stechschritte im Namen der Antifaschisten demonstriert. Nachdem Peking und Moskau viermal die Syrien-Resolution der Vereinten Nationen blockierten, ist Deutschland bereits in die Flüchtlingskrise geraten.
Trotz der wechselnden und wachsenden deutschen Sorgen genieße ich mein chinesisches Glück in der Freiheit und verteidige weiter mit Worten die universellen Grundwerte gegenüber der KP Chinas. Denn sie hat nicht nur die Bevölkerung in Geisel genommen, sondern auch die Führungskräfte im Westen für sich vereinnahmt.