Köln, den 9. Mai 2011
Nach der Verschleppung von Ai Weiwei habe ich einmal mit Lüpertz telefoniert. Es wäre schön, wenn die Rotdeutschen wirklich wegen Ai Weiwei lauthals das Regime kritisieren würden, wie er sagte. Ein mir bekannter Rotdeutscher hat jedenfalls Ai Weiwei geschickt beschimpft. Der emeritierte Sinologie-Professor hat in einem Zeit-Interview gesagt, „Ich war gerade in China und viele Journalisten würden sich wundern, was sie dort von der chinesischen Intelligenz hören würden: Dass Ai ein Lump sei“. Dieser einstige Maoist gehört als einziger Deutscher und Sinologe zu den zehn ausländischen „Chinaexperten“, die der Sender „International Channel Shanghai“ unter der KP-Führung zum 60sten Gründungstag der Volksrepublik China mit einer Sendung propagiert hat.
Während ich die deutschen Mietmäuler der KP Chinas verabscheue, bewundere ich Ai Weiwei, der den chinesischen Widerstand am lautstärksten in China wie im Westen vertreten hat.
Dank Internet kann ich mich von Deutschland aus viel besser informieren als in China, welches seit 1920 von dem „Gespenst des Kommunismus“ in der Form einer kommunistischen Partei befallen und terrorisiert wird. Ich kenne den Vermissten und die ihn verschleppenden Schurken bestens, auch wenn ich sie nicht persönlich erlebt habe.
Als ich 1988 zum Studium nach Deutschland kam, war ich noch wie ein glückliches Orwellsches Schwein. Erst durch das Tiananmen-Massaker 1989 fing ich an, die Verlogenheit und den Terror eines sozialistischen Staates zu erkennen. Wenn die DDR eine sowjetische Kolonie war, dann war die VR China vor Juni 1989 eine Sowjetunion auf chinesischem Boden, seit dem Massaker hat sie sich zu einem Nazi-China entwickelt. Deshalb unterstütze ich alle Drachentöter wie Wolf Biermann, der wie Sie eine Gastvorlesung an der Uni Düsseldorf hielt.
Auf dem Weg zur Uni Düsseldorf ging ich am Atelier von Lüpertz vorbei und habe ihn gerne besucht, nachdem ich mit ihm bekannt gemacht wurde. Er hat mich so fasziniert, wie eine Blühpflanze für eine Biene. 1993 hat er wahrscheinlich die kleinsten Werke für meinen ersten Gedichtband geschaffen. Ich habe viel von ihm mitgenommen, wie von seinem Galeristen Michael Werner. Als ich einmal ihnen gegenüber von einer Skulptur vor seiner Gießerei schwärmte, lachten sie mich aus. Da hörte ich zum ersten Mal den Namen von Arno Breker. Ich glaube, um die Skulpturen von Lüpertz zu schätzen, muss man seine Einstellung zur Nazi-Kunst kennen.
Um Lüpertz zu verstehen, hatte ich eine Menge Barrieren zu überwinden, während ich kaum Schwierigkeiten habe, Ai Weiwei bzw. sein Werk zu verstehen. Lüpertz hat als europäischer Künstler einen anderen Hintergrund und ich kannte seinen Bezug vorher nicht. Sein Kunstverständnis unterscheidet sich auch von dem, was ich von der chinesischen Tradition übernommen habe wie Ai Weiwei: Kunst ist eine Ausdrucksform und verkörpert das Niveau eines Schaffenden, der aus Gewissen nach dem Sinn des Lebens strebt.
Lüpertz ist zwar auch ein selbsternanntes Genie wie der falsche Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, aber er stellt einen Gegensatz zu Liu dar. Denn er fordert nur sich selbst heraus und respektiert dabei die Mitmenschen, während Liu mit allen Mitteln sein persönliches Interesse verfolgt und den chinesischen Drachentötern wie z. B. dem Künstler Yan Zhengxue (1944-) in den Rücken fällt. Bevor die Verteidigungsrede von Liu Xiaobo „Ich habe keine Feinde“ in Oslo vorgelesen wurde, hatte Yan Zhengxue eine Gegenrede „Ich habe keine Freunde“ veröffentlicht. Ich stimme den chinesischen Kollegen zu, die Liu als Kastrat und Yan als Held bezeichnen.
In einer freiheitlichen Welt ist es Lüpertz möglich, seine Lebensvorstellung zu realisieren. Aber in der Volksrepublik China würde er auch brutal verfolgt wie die chinesischen Künstler. Lüpertz wurde als 33-Jähriger zum Professor für Malerei berufen, während Yan als 31-Jähriger zum ersten Mal verhaftet wurde und bis zu seiner Gegenrede am 2. Dezember 2010 insgesamt dreizehn mal mit Verhaftung konfrontiert worden war.
Anfang der neunziger Jahre hatte Yan mit anderen Bohemen in Peking eine Künstlersiedlung gebildet. Um dieses Künstler-Dorf zu zerstören, wurde die Leitfigur Yan auf grausamste Weise verfolgt. Zuerst wurde er geschlagen und dann wurde sein 26-Jähriger Sohn zu Tode gefahren. Als Yan immer noch nicht bereit war, sich den Machthabern zu beugen, wurde er 1994 verhaftet. Als Yan die zweijährige Haft überlebte, war das Yuanmingyuan-Künstlerdorf zerstört worden.
2009 aber hat das Regime eine „Kunstausstellung vom Yuanmingyuan-Künstlerdorf“ organisiert, mit der das Regime sowohl den Ruf des Künstler-Dorfs missbrauchte, als auch die verfolgten Künstler zur Kollaboration locken wollte. Für Manche war diese Schau eine einmalige Gelegenheit, um reich und berühmt zu werden, für Manche bedeutete sie eine nochmalige Verletzung, für widerstandsfähige Künstler wie Yan war diese Ausstellung Verrat und Beleidigung, zumal er von 2006 bis 2009 wieder in Haft war. Yan war derjenige Künstler, der mich zum Protest mit einer Gefängnis-Attrappe auf der Frankfurter Buchmesse 2009 motivierte, auf der die Volksrepublik China als Gastland auftreten durfte. Eigentlich wollte ich dafür mein Prosawerk „Seidendrachen“ veröffentlichen, aber niemand einschliesslich Wolfgang Kaußen, dem meine chinesische Geschichte auf Deutsch gefällt, kann meinen Wunsch erfüllen. Ich hätte gerne mit dieser Geschichte den Unterschied zwischen dem roten und chinesischen Drachen gezeigt und die Leser vom roten Drachen weggeführt.
Ai Weiwei wurde in München notoperiert und hatte die Einladung zur Buchmesse abgesagt. Derjenige, der anstelle von Ai auf der Buchmesse den Aufstieg eines Nazi-Chinas belobigen durfte, nahm es Ai Weiwei dennoch übel und hat seinen Ärger nun bei Ihnen als „Staatsdichter“ abgeladen und schrieb in seinem TAZ-Kommentar „Sorge um Durs Grünbein“, „Er bläst sich selbst zum wagemutigen Kämpfer gegen die chinesische Regierung auf“.
Die Ausstellung „So sorry“ von Ai Weiwei insbesondere die Klagemauer aus Schulsäcken in München stellte einen Kontrast zur Propaganda-Schau der KP Chinas „Hof für die Pachteinnahme“ in der Kunsthalle Schirn in Frankfurt dar. Der Museumsdirektor, der eine kommunistische Lüge als Skulpturen ausstellt, sieht nun aber durch die Ausstellung „Die Kunst der Aufklärung“ die Freiheit der deutschen Museen bedroht.
Die Gesellschaft für Bedrohte Völker hat damals auf der Buchmesse eine Podiumsdiskussion mit Rebiya Kadeer, deren Biographie „Dragon Fighter“ zuerst auf Deutsch erschien, organisiert. Ich habe die Han-Chinesen vertreten, die genau wie Uiguren von den Kommunisten terrorisiert und bedroht werden.
Am 31. Dezember 2009 hat Ai auf seiner Twitterseite geschrieben, „Der Künstler Yan Zhengxue fiel wegen der Verteidigung von Bürgerrechten einer Intrige zum Opfer und wurde verhaftet. Denn ein ‚gestohlenes‘ Fahrrad brachte ihn in die Falle der Polizei. Ein Stasi hat mit seinem ‚Fall‘ mich zur Einsicht bringen wollen und gesagt, ‚Wenn wir jemanden drücken wollen, ist es sehr einfach.'“
Ai weiß auch dass Chinesen wegen Falun Gong nicht nur in Konzentrationslagern als Sklaven ausgebeutet werden, sondern auch als Organspender ausgeschlachtet werden. Aber wenn er Falun Gong verteidigt hätte, wie ich, dann wäre er noch früher verhaftet worden.
Seit dem 3. April wird Ai Weiwei gefoltert. Ich traue mir auch deswegen nicht zu, nach China zurückzukehren, aber ich möchte den „bösen roten Drachen“ à la Bibel enttarnen. Immerhin sind die „Väter des Terrors“, wie Marx und Engels genannt werden, aus Deutschland und sie werden bis heute noch weltweit verklärt, leider. Das ist auch die geistige Wurzel dafür, dass die SED, die drei Millionen Ostdeutsche in den Westen vertrieb und mindestens eine Million Menschen politisch verfolgte, in einer anderen Form weiter existiert.
Ohne die Rotdeutschen hätten die Konfuzius-Institute nicht so schnell in Deutschland zugenommen, mit denen die KP Chinas ihre Infiltration weltweit betreibt. Das Festland-Chinesisch ist genau wie das DDR-Deutsch von den Kommunisten vereinnahmt und vergiftet worden, weswegen ich gerne Fremdsprachen lerne und benutze.
„Geselle zu Edelmenschen, halte fern von Ekelmenschen“ gehört zu meinen Lebensdevisen.