Köln, den 1. Juni 2011
ich bin gutgläubig und neige dazu, mein Gegenüber zu überschätzen, aber ich gehe sofort auf Distanz, wenn ich merke, dass der allgemeine Anstand missachtet wird. Deswegen kann ich nach meinem Studium nicht mehr in die Heimat zurückkehren, obwohl ich es zweimal versucht habe.
Die chinesische Kritik an Liu Xiaobo, über die ich aus Wahrheitsliebe auf Deutsch berichtet habe, ist auf seine eigenen Taten, Worte und die Insider-Informationen zurückzuführen. „Verleumdungen“ sind Lügen; „Denunziation“ richtet sich an die Machthaber; „hemmungsloser Rufmord“ ist die Methode, die ein Regime benutzt, um seine Gegner zu erledigen. Mit diesen Schlagworten hat Herta Müller die Kritiker von Liu Xiaobo beschimpft. Dabei habe ich mich an sie gewandt, nur weil sie auf der Frankfurter Buchmesse extra uns traf, um ihre Unterstützung zu demonstrieren. Kann sie Liu Xiaobo besser beurteilen als die Exilchinesen wie ich, die seit 1989 den chinesischen Widerstand gegen die KP-Diktatur unterstützen? Ihre Beschimpfung auf „Exilchinesen“ gibt mehr Auskunft über ihre Eigenschaft, als die beschimpften Exilchinesen, zumal ich persönlich als Übermittlerin zu ihrer öffentlichen Verunglimpfung beigetragen habe. „Brief über Herta Müller und Ai Weiwei“ weiterlesen